Barbara Meier

Alltägliche Geopolitik: Transnationale Identifikationen und Aspirationen in affektiven Begegnungen mit Studierenden in Bischkek und Osch (Kirgistan)

Angaben zur Person

Barbara Meier

Löbdergraben 32, 07743 Jena

Raum 236

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Forschungsinteressen mit Bezug auf Diaspora:

  • aspired mobilities of youth
  • establishing sympathies as a geopolitical strategy
  • informational sources for transnational aspirations

Vorläufiger Titel des Promotionsprojekts: Alltägliche Geopolitik: Transnationale Identifikationen und Aspirationen in affektiven Begegnungen mit Studierenden in Bischkek und Osch (Kirgistan)

Abstract

In der jüngsten Vergangenheit haben sich die globalen Machtsphären verschoben, wofür Chinas Belt & Road Initiative ein prominentes Beispiel ist. Diese Verschiebungen lassen sich nicht nur in wirtschaftlichen, sondern auch in alltäglichen, konsumtiven Kontexten nachvollziehen. Ausgehend von dieser Makroperspektive ist es besonders interessant zu untersuchen, wie sich Menschen in den Randgebieten dieser geopolitischen Vorstellungen orientieren und wohin sie streben. Beeinflussen solche Vorstellungen die Entscheidung für das Erlernen einer bestimmten Fremdsprache oder für einen bestimmten Studiengang? Wo sehen sich die Studierenden in der Zukunft? Was sind die Informationsquellen für Entscheidungen, die mit der möglichen Zukunft der Studierenden zusammenhängen? Spiegeln sich diese Entscheidungen in den materiellen Gegebenheiten des Alltagslebens der Studierenden wider? Solche Auswirkungen zeigen sich oft indirekt in Form von Sympathien, Identifikationen oder Bestrebungen. In meinem Dissertationsprojekt möchte ich diese Momente der transnationalen Affinität nachverfolgen.

In meiner Studie untersuche ich, welche transnationalen Bestrebungen und Identifikationen Studenten in Bischkek und Osh (Kirgisistan) für sich selbst aushandeln. Um den postulierten globalen Verschiebungen auf die Spur zu kommen, versuche ich, sie in affektiven Momenten der Sympathie greifbar zu machen. Inwieweit spiegeln sich in solchen Momenten die Diskurse der strukturellen Institutionen (z. B. des Bildungssystems oder der kulturell-diplomatischen Institutionen), deren Inhalte die Studierenden konsumieren?

Die Konzeptualisierung von Orten nach Massey (1991) als artikulierte Momente in Netzwerken sozialer Beziehungen, die über den Ort selbst hinausreichen, legt den Fokus auf die Relationalität von Orten. So können Entscheidungen, die auf lokaler Ebene getroffen werden, eine weitreichende Wirkung haben. Zum Beispiel Entscheidungen für ein bestimmtes Studienprogramm oder ein Auslandsstudium. Da es eine Vielzahl von Faktoren gibt, die diese Entscheidungen beeinflussen (z. B. Sozialisation, Peer-Groups, Familien, persönliche Beziehungen) und die nicht vollständig reflektiert werden können, versuche ich, sie in Momenten des Affekts zu erfassen.

Ich beziehe mich daher auf Bourdieu (2017, 2020), um Sozialisationsprozesse (die den Habitus formen) mit Bestrebungen des Individuums in einem quasi iterativen Prozess zu verbinden. Im Hinblick auf den affektiven Ansatz meines Forschungsdesigns liefert Bourdieu ein wichtiges Verständnis, da er auch auf die körperliche Dimension bei der Bildung des Habitus hinweist. Die Selbstwahrnehmung und das Selbstverständnis von Jugendlichen ist wiederum damit verwoben, wer sie in der Zukunft zu werden für möglich oder wünschenswert halten (Geller 2015). Das besondere Interesse meiner Studie liegt darin, wie und in welchem Ausmaß Schüler Pläne für transnationale Mobilität in ihre Zukunftswünsche einbeziehen. Insbesondere für junge Menschen ist die angestrebte soziale Mobilität mit räumlicher Mobilität verbunden und sollte als Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit wahrgenommen werden, in der Zukunft mobil zu sein (Bjarnason & Thorlindsson 2006).

In meiner Feldforschung setze ich eine Kombination aus ethnographischer Feldforschung und visuellen Methoden im Spektrum der partizipativen Methodik ein, um ein breites Spektrum an Resonanzen zu erzeugen. Der regionale Fokus auf Kirgisistan ist von besonderem Interesse, da es am Schnittpunkt verschiedener Einflusssphären liegt: Russische, "westliche", islamische Welt, Süd- und Südostasien (Kirmse 2010).

Inspiriert von der kritischen Geopolitik verfolge ich einen Ansatz, der die nicht-repräsentativen Prozesse der Geopolitik jenseits der klassischen Eliten kritisch beleuchtet und diskutiert. Die Anwendung dieses Verständnisses von transnationaler Politik macht meine Forschung anschlussfähig an aktuelle Fragen der Diasporaforschung.

Projektlaufzeit: 01/2021 – 12/2023

Förderung: Landesgraduiertenstipendium des Landes Thüringen