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Wer war Carola Barth?
Wer war Carola Barth? – Religionspädagogin - Verbandsvertreterin - erste promovierte Theologin in Deutschland
Carola Barth (1879-1959) gehörte vor noch nicht langer Zeit zu den ‚vergessenen Müttern der modernen Religionspädagogik’; dass dem nicht mehr so ist, verdankt sich insgesamt einem wachsenden Interesse an der Historie der Religionspädagogik und der Frauenforschung im Bereich der Theologie in den letzten 15 Jahren.
Carola Barth stammte aus einem bildungsnahen bürgerlichen Elternhaus in Frankfurt a. M. Die Schul- und Studienzeit von Carola Barth fiel in die Umbruchphase der Mädchen- und Frauenbildung in Deutschland, für deren Entwicklung der Mädchen- und Frauenbildung die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert eine entscheidende Zäsur markiert. Die Forderungen der sich im 19. Jahrhundert etablierenden Frauenverbände nach einer gleichwertigen schulischen Ausbildung für Mädchen und Jungen sowie nach dem Zugang junger Frauen zum Universitätsstudium konnten allmählich durchgesetzt werden. Auch an der Universität Jena wurde das Frauenstudium 1907 eingeführt.
Ostern 1899 legte Carola Barth das Examen am Frankfurter Lehrerinnenseminar ab, womit sie zwar formell die Unterrichtsbefähigung an Volksschulen erhielt, der Zugang zu einem Hochschulstudium allerdings noch nicht eröffnet wurde. Als Hospitantin des privaten Mädchengymnasiums zu Karlsruhe und gefördert durch Privatunterricht bestand sie 1902 am humanistischen Gymnasium in Hadamar als Externe die Abiturprüfung. Carola Barth war in der Studienwahl deutlich eingeschränkt und das Lehramtsstudium war neben dem Medizinstudium die einzige Möglichkeit der universitären Bildung für Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Carola Barth nahm ihr Studium der evangelischen Theologie und der Geschichte 1902 in Bonn und Marburg auf. Beide Universitäten galten gegenüber dem Frauenstudium als aufgeschlossen. Als eine der ersten Frauen in Deutschland bestand Barth am 2.3.1907 in Bonn die Prüfung ‚pro facultate docendi’ für das Lehramt an höheren Schulen und erhielt die Lehrbefähigung in den Fächern Religion sowie Geschichte für die Oberstufe und im Fach Deutsch für die Mittelstufe zuerkannt.
An der Theologischen Fakultät in Bonn war es seinerzeit Frauen jedoch noch nicht möglich, promoviert zu werden. Dass das binnenuniversitäre Klima in Jena für die Zulassung des Frauenstudiums und damit auch der Weg zur Promotion von Frauen günstig war und bereits Ende des 19. Jahrhundert als aktuelle Aufgabe erkannt wurde, bestätigen zudem die dezidiert auf Frauenbildung ausgerichteten Jenaer Ferienkurse.
Nach dem Studium und ihrer erfolgreichen Promotion in Jena begann für Barth ein zügiger beruflicher Aufstieg. Ostern 1908 nahm sie ihren Dienst als Lehrerin an der humanistischen Merlo-Mevissenschule in Köln auf. Im Herbst 1908 führte Barth eine Forschungsreise zu Ausgrabungsstätten im Libanon, in Palästina und Ägypten durch.
Nach ihrer Rückkehr 1909 unterrichtete sie zunächst in Frankfurt a. M. und wurde dort 1911 zur Oberlehrerin ernannt. 1921 zur Direktorin des städtischen Lyzeums in Köln-Mülheim und 1925 der Mevissenschule ernannt, wurde sie schließlich 1926 zur Oberstudiendirektorin befördert.
1934 verfügten die Nationalsozialisten die Schließung der Mevissenschule und Barth wurde aus dem Schuldienst entlassen. Barth trat im selben Jahr in den NS-Lehrerbund ein, weil sie, wie sie später erklärte, „eine gewisse Bindung zur Schule aufrecht zu erhalten wünschte.“ Aus der schulpolitischen Öffentlichkeit zog sie sich weitgehend zurück. Aufgrund ihrer Verdienste ernannte sie die Universität Königsberg 1927 zur Ehrendoktorin. In einer großen Zahl an Publikationen, zu denen Monografien, Aufsätze, Vorträge, Tagungsberichte, Rezensionen und Unterrichtswerke gehören, trat sie für einen entwicklungspsychologisch und religionsgeschichtlich begründeten Religionsunterricht ein. Zudem galt ihr religionspädagogisches Interesse dezidiert der Mädchenbildung.
Carola Barths religionspädagogisches Denken bewegt sich im Rahmen der liberalen Theologie bzw. Religionspädagogik jener Zeit. Sie beobachtete eine wachsende Entfremdung der Jugend gegenüber institutionalisierten Kirche und stellte zugleich deren ‚ehrliches Verlangen nach Religion’ fest.
Religionsdidaktisch verzichtete Barth auf eine ekklesiologische bzw. katechetische Begründung des Religionsunterrichts. Der Religionsunterricht ist für Barth nicht auf die Vermittlung und Aneignung eines bestimmten Bekenntnisses ausgerichtet, sondern primär auf die Befähigung zur Urteilsbildung über das eigene religiöse Befinden.
Früh erkannte Barth die Notwendigkeit politischer Arbeit in Religionslehrerverbänden und kirchlichen Gremien. Ab 1913 war sie Vorsitzende des protestantisch-liberalen ‚Vereins für religiöse Erziehung’, der 1920 mit dem 1911 gegründeten ‚Bund für die Reform des Religionsunterrichts’ zum ‚Bund für Religionsunterricht und religiöse Erziehung’ vereinigt wurde, in dessen Vorstand Carola Barth ebenfalls tätig war. Als Fachvertreterin für den evangelischen Religionsunterricht nahm sie an den Deutschen evangelischen Kirchentagen (DEKT) von Dresden (1919), Bethel (1924), Königsberg (1927) und Nürnberg (1930) teil. 1919 war sie Mitglied im Deutschen Evangelischen Kirchenausschuss (DEKA) und wurde 1925 als dessen Delegierte zur ‚Allgemeinen Konferenz für Praktisches Christentum’, eine Vorläuferorganisation des Ökumenischen Rates der Kirchen, nach Stockholm entsandt.
Preisträger:innen des FZRB-Nachwuchspreises
2024
Helena Scherf
Titel der Arbeit: »Die Gestaltung queerer Fürsorge im urbanen und nicht-urbanen Raum: Perspektiven der evangelischen Care-Ethik«
2023
Lukas Gräfe
Titel der Arbeit: »Diversität abbilden. Das Konzept der Diversität in Abbildungen von Schulbüchern des Faches ‚Evangelische Religionslehre«
2022
Joel Keller
Titel der Arbeit: »Protestantismus und bürgerliche Frauenbewegung. Glaube und Frauenbildungsfrage bei Helene Lange und Marie Martin«
2021
Maja Friederike Menzel
Titel der Arbeit: »Ökumene und evangelischer Religionsunterricht in Siebenbürgen«
2020
Simon Sidney Hölscher
Titel der Arbeit: »Neuer Antisemitismus – Eine ideengeschichtliche Betrachtung in Rückbindung an gegenwärtige Bildungskonzepte«
2019
Jennifer Keller
Titel der Arbeit: »Der Umgang mit Behinderung im Islam mit Schwerpunkt Türkei«
2018
Bettina Walther
Titel der Arbeit: »Die Offene Arbeit in der DDR als Praxis der Kirche für andere - eine kritische Auseinandersetzung mit einer These Heino Falckes«
2017
Friederike Wichmann
Titel der Arbeit: »Reformation und Schule. Die Gründung der Klosterschule Roßleben im 16. Jahrhundert«
2016
Janis Etzel
Titel der Arbeit: »Religion in der Familie«
2015
Gordon Sethge
Titel der Arbeit: »Wenn Kinder sterben - Seelsorgliche Erwägungen«